Ein physisch leerer Raum, ohne Publikum oder Bühne und trotzdem steigt die eigene Aufregung! So oder so ähnlich geht es Menschen, die ihre Kommunikationsfähigkeiten mit neuen Trainingsmethoden verbessern wollen. Das Kommunikationstraining von heute schafft durch neue Methoden wie dem Einsatz von Virtual Reality und Künstlicher Intelligenz ganz neue Trainingssituationen sowie Auswertungsmöglichkeiten: Plötzlich in einem großen Konferenzsaal stehen, vor hunderten Menschen sprechen und anschließend KI-generiertes Feedback zu Blickkontakt, Füllworten und Co. erhalten. Braucht es da noch Kommunikationstrainer/-innen?
In unserem zweiten Interview mit, Berater für Kommunikation und Präsentation bei, schauen wir uns diese neuen Methoden im Kommunikationstraining genauer an und klären Fragen wie: Was können digitale Tools wie VR-gestützte Trainings-Apps eigentlich leisten? Und welche neue Chancen und Aufgaben ergeben sich für Kommunikationstrainer/-innen? Wie aussagekräftig ist das KI-generierte Feedback wirklich?
Viele denken bei „Kommunikationstraining“ an Rollenspiele, Kameraübungen oder klassische Feedbackrunden. Wie viel Wahrheit steckt darin und sind diese Methoden noch State of the Art?
Lucas Federhen: Also falsch ist das nicht. Rollenspiele, Kameraeinsatz, klassisches Feedback – das sind alles Methoden im Kommunikationstraining, die nach wie vor funktionieren. Die Frage ist immer: In welchem Kontext arbeiten wir und mit welcher Zielgruppe? Für manche Gruppen – etwa Mitarbeitende in Start-ups oder technikaffine Menschen – bieten sich zunehmend hybride Formate an, die klassische Übungen mit digitalen Tools kombinieren. Das funktioniert einfach besser, weil die Leute an den Umgang mit Technik gewöhnt sind.
Du beobachtest den Einsatz neuer Technologien und Methoden im Kommunikationstraining sehr bewusst. Welche Rolle können VR und KI deiner Meinung nach spielen?
Lucas Federhen: Was wir derzeit mit Virtual Reality und Künstlicher Intelligenz erleben, geht weit über reine Digitalisierung hinaus. Es dreht sich nicht mehr nur darum, uns bekannte Prozesse digital abzubilden. Heute sind plötzlich Dinge möglich, die früher undenkbar waren. Es ist wie ein Sprung von 3D auf 4D – und die Frage ist: Was ist diese neue Dimension und welche Möglichkeiten werden uns durch sie eröffnet?
Ich bin der Meinung, dass Virtual Reality und Künstliche Intelligenz das Potenzial haben, unser Repertoire an Methoden im Kommunikationstraining deutlich zu erweitern. Und sie lassen sich – je nach Zielgruppe, Setting und Trainingsziel – sehr sinnvoll einsetzen.
VR beispielsweise macht es möglich, realitätsnahe Übungssituationen zu schaffen: große Vortragssäle, schwierige Redesituationen, realistische akustische Bedingungen wie Raumklang oder Hall. Das eröffnet Trainingsmöglichkeiten, die es so im Alltag gar nicht gäbe. KI wiederum verändert, wie wir mit Technik interagieren – nicht mehr über Tastaturen, Knöpfe oder Menüs, sondern im Dialog. Das Sprechen mit Maschinen ist ein echter Fortschritt und eröffnet uns neue Wege Kommunikationstrainings direkter, flexibler und individueller zu gestalten.

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Welchen Prinzipien sollte man aus deiner Sicht folgen, um zu entscheiden, ob neue Technologien und Methoden im Kommunikationstraining wirksam sind?
Lucas Federhen: Natürlich geht es bei all diesen Neuheiten nicht darum, Menschlichkeit zu ersetzen, sondern die neuen Möglichkeiten gezielt und mit einer klaren ethischen Haltung zu nutzen. Genau aus diesem Grund finde ich es spannend und erforderlich, die technologischen Entwicklungen genau zu beobachten, zu testen und gemeinsam mit meinem direkten Kollegium sowie dem der Deutschen Gesellschaft für Sprecherziehung und Sprechwissenschaft zu validieren. Bei BENSTOTZ tun wir dies ganz bewusst aus einer mitwirkenden Perspektive: Welche Technologien und Methoden im Kommunikationstraining nutzen wir und warum? Was stärkt Teilhabe, Selbstwirksamkeit und Orientierung? Und was ist unser ethischer Kompass dabei? Wir wollen ein starker, verlässlicher Partner für unsere Kundschaft sein, der auch in neuen Fragen Orientierung bietet.
Grundsätzlich sehe ich es als Aufgabe von uns als Kommunikationstrainern und -trainerinnen, diese Entwicklungen aktiv mitzugestalten – mit Haltung, kritischem Bewusstsein und der Bereitschaft, Dinge immer wieder neu zu hinterfragen.

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Ein konkretes Beispiel für eine Trainings-App ist VR EasySpeech. Das Tool erlaubt es, vor virtuellem Publikum zu trainieren und gibt mithilfe von KI Feedback – etwa zu Füllwörtern, Pausen oder Blickkontakt. Wie bewertest du diese Form der Rückmeldung?
Lucas Federhen: Gerade beim Feedback innerhalb der VR-EasySpeech-App finde ich es spannend, dass bestimmte Aspekte – etwa Füllwörter oder Blickkontakt – objektiv messbar gemacht werden können. Das kann helfen, eine Richtung für das Kommunikationstraining aufzuzeigen oder die persönliche Entwicklung der Trainierenden sichtbar zu machen. Wichtig dabei ist: Feedback ist nie ganz neutral. Es basiert immer auf bestimmten Annahmen und diese gelten eben nicht für alle Menschen gleich.
Ich komme selbst aus dem Schauspiel. Dort habe ich erlebt, wie Menschen besonders durch viele Pausen oder bewusstem Regelbruch faszinieren und genau das macht sie bzw. ihre Sprechkunst stark. Deshalb muss auch das Feedback von Kommunikationstrainings-Apps immer kontextualisiert werden: Was sagt mir das KI-generierte Feedback und was sagt es mir nicht? Daher nutze ich solche Tools gerne als Methode im Kommunikationstraining, um eine Orientierung zu geben, aber ich verstehe sie nicht als ganze Wahrheit.

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Das Feedback von Kommunikationstrainings-Apps sollte immer in Kontext gesetzt werden, da es auf bestimmten Annahmen basiert und diese nicht für alle Menschen gleich gelten. Ich nutze solche Tools trotzdem sehr gerne, um eine Orientierung zu geben, aber ich verstehe sie nicht als ganze Wahrheit.
Gerade im Umfeld der Trainer und Trainerinnen gibt es Vorbehalte: Manche sagen, „wenn eine App Feedback gibt, braucht es uns bald nicht mehr.“ Wie ist deine Meinung dazu?
Lucas Federhen: Ich würde niemals sagen, dass KI- und VR-Tools Kommunikationstrainer und -trainerinnen ersetzen. Für mich sind sie ein zusätzliches Werkzeug im Methodenkoffer, welches je nach Situation eingesetzt werden kann. Bevor wir uns ein solches Urteil erlauben oder in Konkurrenz denken, sollten wir die neuen Methoden im Kommunikationstraining einfach ausprobieren. Künstliche Intelligenz und Virtual Reality schaffen neue Räume, in denen wir anders arbeiten können. Am besten sammeln wir mit Apps wie der von VR EasySpeech und weiteren Tools über die nächsten Jahre hinweg Erfahrungen. Im Prozess werden wir in der Lage sein, gut einschätzen zu können, wo sie uns helfen und wo wir andere Wege brauchen.
Was unterscheidet ein gutes von einem schlechten Kommunikationstraining? Sind die Methoden entscheidend oder worauf kommt es an?
Lucas Federhen: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten! Vor allem, weil ich noch ziemlich am Anfang meiner Laufbahn als Kommunikationstrainer stehe. Daher möchte ich mir da auch kein vorschnelles Urteil anmaßen. Was ich aber sagen kann: Methoden im Kommunikationstraining sind wichtig, aber nicht alles. Klar, es ist wichtig, einen soliden Methodenkoffer dabei zu haben, aber ein gutes Training lebt vor allem von der inneren Haltung des Trainers oder der Trainerin zur eigenen Rolle, zu den Themen und den Menschen, mit denen man arbeitet.
Im besten Fall hat man als Kommunikationstrainer bzw. -trainerin einen guten Plan und gleichzeitig die Flexibilität, mit Unvorhergesehenem oder unterschiedlichen zwischenmenschlichen Dynamiken souverän umzugehen. Gelassenheit, Neugier und ein kooperativer Grundton – das macht für mich die Qualität eines Kommunikationstrainings aus. Ganz nach dem Motto: „Den Trainingsraum gemeinsam mit den Teilnehmenden gestalten.“

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Zum Schluss – welche drei Dinge wünschst du dir von HR-Verantwortlichen oder dem Trainerkollegium, wenn es um die Auswahl und den Einsatz von Methoden im Kommunikationstraining geht?
Lucas Federhen: Erstens: Offenheit. Ich wünsche mir, dass man technologischen Entwicklungen und neuen Methoden im Kommunikationstraining nicht sofort skeptisch begegnet, sondern sich traut, sie auszuprobieren. Nicht alles, was technisch ist, steht im Widerspruch zur menschlichen Kommunikation. Im Gegenteil! Manchmal kann Technologie auch neue Räume öffnen und vielversprechende Chancen schaffen.
Zweitens: Genaues Hinschauen. Ich fände es gut, wenn wir Dinge nicht direkt ablehnen oder unreflektiert übernehmen, sondern prüfen. Was hilft wirklich? Was bringt uns Menschen etwas? Und was vielleicht auch nicht? Das gilt für Kommunikationstrainer- und -trainerinnen genauso wie für Entscheidungspersonen in Organisationen.
Und drittens: Wertschätzung. Ich wünsche mir, dass wir gegenseitig den Mut anerkennen, wenn jemand neue Wege geht und etwas ausprobiert – auch wenn der Nutzen vielleicht nicht sofort messbar ist. Technologie kann ein Begleiter sein, ein Verstärker, ein Impulsgeber – aber Kommunikation bleibt ein zutiefst menschlicher Prozess.
Wenn wir mit dieser Haltung reingehen – offen, prüfend, wertschätzend – dann können wir das Beste aus beiden Welten verbinden: die menschliche Intuition und die technologische Präzision.

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